Die Dokumentation „Petermann und Kartografie“

 

Prof. Dr. August Petermann (1822-1878) gehörte zu den berühmtesten Kartografen des 19. Jh. Er wurde in Bleicherode geboren (Petermann-Haus Am Plan). Nach seiner Ausbildung als Kartograf war er in England sehr erfolgreich. Er wurde Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften und erhielt deren höchste Auszeichnung. Ab 1854 leitete er im Verlag Perthes, Gotha, die kartografische Abteilung.1855 gründete er die Fachzeitschrift „ Petermanns geografische Mitteilungen“ (PGM), die zur führenden Publikation der geografischen Welt wurde (Petermann-Raum). Sie wurde erst 2004 eingestellt. Petermann war Initiator, Planer, Organisator und Geldbeschaffer für Expeditionen in den Polargebieten und in Afrika. Mehrere Regionen, Gebirge, Inseln und Mondkrater tragen seinen Namen.

 

Die Kartendokumentation soll einen Überblick über die Entwicklung der europäischen Kartografie seit der Antike geben. Kartografische Darstellungen gab es schon in der Frühzeit (z.B. Tonplatten in Babylonien, China). Die Ausstellung beginnt mit den in der Antike erstellten Karten des griechischen Naturwissenschaftlers Ptolemäus, der um 100 n. Chr. in Alexandria lebte. Für ihn hatte die Erde Kugelgestalt. Er teilte die Erdoberfläche in Längen- und Breitengrade ein. Der Mittelmeerraum und darüber hinaus weite Teile Europas, Asiens und Afrikas waren ihm von Seefahrern und Handelsreisenden allgemein bekannt.

 

Im Mittelalter bis zum 15. Jh. wurden in den Klöstern von Mönchen sog. mappae mundi, also Karten der zu dieser Zeit bekannten Welt erstellt. Sie sind von der damaligen christlichen Weltsicht bestimmt, phantasievoll und bilderbuchartig gestaltet, sie gehen von der Scheibengestalt der Erde aus. Wegen ihrer runden Form und der Anordnung der Erdteile nennt man sie Rad- oder TO-Karten: Die runde Kartenfläche ist in der mittleren Horizontale geteilt, in der unteren Hälfte geviertelt. Die obere Hälfte zeigt den Osten mit Orient und Asien (die Karte ist geostet), die unteren Viertel zeigen links Europa und rechts Afrika. In der Mitte befindet sich Jerusalem. Die große Ebstorfer Weltkarte (1235, Kloster Ebstorf bei Lüneburg) hat einen Durchmesser von 3,5 m.

 

Im 13. Jh. kamen im Mittelmeerraum die Portolankarten (Porto: Hafen) auf, die mit Hilfe von Kompassmessungen für die Seeschifffahrt die Küstengebiete mit ihren Häfen abbildeten. In Europa wurde der trockene Nadelkompass im 13. Jh. erfunden.

 

Im 14. Jh. gelangte ein Manuskript der Geografia, des geografischen Hauptwerkes von Ptolemäus, nach Europa. 1406 war es in Latein übersetzt. Die 1450 erfundene Druckkunst führte zur Verbreitung. Die astronomischen und mathematischen Berechnungen des Ptolemäus sowie die Erkenntnisse des Zeitalters der Entdeckungen (Land- und Seereisen) und neue Erfindungen (Fernrohr) ermöglichten eine realistische geografische Darstellung der Erdoberfläche auf Karten und auf einer Erdkugel (1492 erster Globus). Karten der gesamten damals bekannten Erdoberfläche erschienen 1507 und 1569. Das sich aus der Erdkrümmung bei der Gestaltung auf einer flachen Karte ergebende Problem der Projektion (Kugelfläche auf gezeichnete Ebene) wurde weitgehend gelöst (Mercator-Projektion).

 

Die Produktion von kunstvoll gestalteten Landkarten kam im 17. Jh. vor allem in den Niederlanden zu hoher Blüte. Es entstanden hier und allgemein auch Reise- , Straßen- und Stadtkarten. Im 18. Jh. entwickelte sich vor allem in Frankreich und in Deutschland eine moderne und nach topografischen Maßstäben genauere Kartentechnik, insbesondere durch die neue landesweite Landvermessung. Nach 1750 erfolgte in Europa eine topografisch genaue Landvermessung mit Hilfe der Triangulation (optische Abstandsmessung mit Theodoliten, Dreieckseinteilung der Erdfläche).

 

Das 19. Jh. brachte die der Topografie entsprechende mehrfarbige Landkarte mit großer Genauigkeit, insbesondere mit dem Steindruck (Lithografie). Es entstanden große kartografische Unternehmen (z.B. Perthes in Gotha). Die Diversifikation der Landkarten nahm entsprechend ihrem Zweck zu (Strukturkarten z.B. für Wirtschaft, Handel, Gewerbe, Demografie, Flora und Fauna).